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Zeit sich zu zeigen und stolz zu sein!

Ausschnitt aus dem aktuellen täglichen Leben einer leitenden MTLA eines Krankenhauslabores.

Es ist Zeit sich zu zeigen und zu präsentieren was wir im Beruf als MTLA alles leisten und welche große & wichtige Schnittstelle wir im Krankenhauslabor in der Medizin abbilden. Rund um die Uhr im Einsatz, immer schneller, immer flexibler, immer unauffälliger (outgesourct), und möglichst zum Spottpreis, so soll ein Krankenhauslabor funktionieren. In der Welt der Medizin wird das Labor bis zuletzt ausgequetscht wie eine Zitrone. Ein saurer Beigeschmack bleibt, wenn sich die Welt der MTLA im Bereich der Medizin ungesehen anfühlt und immer wieder neue Lösungen zum Thema Wirtschaftlichkeit und Personalmangel gefunden werden müssen. Wie in jedem anderen medizinischen Bereich in Deutschland spürt man den Fachkräftemangel auch im Labor immer mehr. Offene Stellen, ein immer älter werdendes Team, Steigerung der Schnelligkeit, der Flexibilität, des Koordinierens, der technischen Anforderungen, der Verantwortung und das bei immer mehr Parametern und steigenden Probenzahlen. Selbst die jüngere Fraktion hält dabei nur noch hechelnd mit und sucht mehr und mehr nach Alternativen. Ein Hamsterrad, dass wir in unserer gesamten Gesellschaft nur allzu gut gewohnt sind. Nicht nur die medizinische Welt wurde in den letzten Jahren immer schnelllebiger, sondern unser komplettes Leben.

In der aktuellen Situation der Coronapandemie wird vor allem eins auf den Kopf gestellt und zwar die Schnelllebigkeit der Gesellschaft. Abstand halten ist angesagt, Kontaktsperren sind einzuhalten und in vielen Firmen wurde das Homeoffice, sonst als „Goddie“, jetzt wenn möglich als Pflicht für Jeden, umgesetzt. Die Welt scheint still zu stehen, es ist wie die Ruhe vor dem Sturm. Und genauso fühlt es sich an. Wir bereiten uns vor, nicht nur die Klinik, sondern auch das Labor. Denn während die Welt für Viele still steht, geht es im medizinischen Bereich zur Sache. Täglich wird der große Einbruch erwartet und still atmet insgeheim jeder durch wenn der Tag ohne befürchteten Ansturm an Covid-Erkrankten überstanden wurde. Es bleibt nur noch wenig Zeit sich vorzubereiten, Zeit um die geforderten Maßnahmen der Regierung im Gesundheitswesen umzusetzen. Es ist ein Wettrennen. Als MTLA kennen wir dieses Gefühl nur allzu gut. Ist es doch unser täglicher Begleiter, wenn es sich beispielsweise um die Versorgung eines Polytraumas handelt.

Während des aktuellen Wettrennens stehen vor allem viele Fragen im Raum. Denn ein Krankenhaus ohne funktionierendes Labor kann sich niemand vorstellen, viel zu wichtig ist es in der Versorgung der Patienten. Viel zu wichtig ist die Klarheit über eine mögliche Infektion, über zu isolierende und freie Bettenkapazitäten. Viel besser, schneller und gezielter kann die Therapie eingesetzt werden, wenn zuvor eine gute Diagnostik mit den notwendigen Laborparametern erfolgte. Ein Totalausfall des Labors wäre entsprechend der Super-GAU, nicht nur jetzt zu dieser besonderen Zeit, sondern generell. Das stellt sich immer wieder heraus. Was also tun, um möglichst lange leistungsfähig zu bleiben? Was tun, um die Mitarbeiter möglichst gut zu schützen? Wie geht das bei einem gealterten Team mit einem Altersdurchschnitt von 51? Fragen über Fragen… Doch wie heißt es so schön?!“ Die Situation ist dynamisch.“ Und zwar sehr! Es gab Tage da änderten sich einige Prozesse stündlich, was für eine Herausforderung! Mittlerweile hat es sich eingespielt, die Prozesse laufen, die Mitarbeiter sind informiert. Alle sind wachsam und bereit.

Aber was haben wir unternommen, um genau an diesem Punkt anzukommen?! Vor allem machen wir eins, viel sprechen. Nicht nur in Krisensitzungen als Task Force, sondern auch im Team. Über die beruflichen Fragen und Sorgen, aber auch über private Veränderungen.

Daneben haben wir ein sehr sportliches Gruppenkonzept aufgebaut und umgesetzt, dass nun sogar mit unserem kleinen Team täglich gelebt wird. Das Gruppenkonzept soll einen möglichst hohen Mitarbeiterschutz gewährleisten und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit des Krankenhaus- Laborbetriebs aufrecht erhalten. Unser Team besteht insgesamt aus neun MTA, einer MFA und einer MTASchülerin.

Das Team wurde nach intensiven Überlegungen und nach gewissen Kriterien in zwei Gruppen aufgeteilt. Berücksichtigt wurden dabei vor allem das Alter, die Dienstbelastung, die einzelnen Kompetenzen und die damit verbundenen persönlichen Zusatzaufgaben, sowie die verschiedenen Rollen im Team. Dies reicht von Themen wie Bestellungen, Patientennahe Sofortdiagnostik über Eingabe von Chargenstammdaten bis hin zu Prozessabläufen der Ringversuche. Jede Gruppe bildet autark abwechselnd eine Arbeitswoche inkl. 24/7-Betreuung ab. Dann findet ein Gruppenwechsel statt. Die andere Gruppe arbeitet, während die andere sich zuhause befindet. Ein eigens erstellter Corona-Krisenplan hilft allen bei der Umsetzung der neuen Prozesse. Aufgenommen wurden in den Plan beispielsweise Punkte wie die Zusammenstellung der Gruppenkonstellationen, veränderte Dienstzeiten, Umgang mit unter Covid-Verdacht stehenden Mitarbeitern und neue Kommunikationsprozesse.

Um eine Infektion innerhalb des Teams zu minimieren oder auch um eine mögliche Infektion bei Gruppenwechsel zu umgehen, wurden die hygienischen Maßnahmen noch straffer als sowieso schon gezogen. Neben der täglichen Desinfektion zum Schichtende, nutzen die Mitarbeiter Telefone nun nur noch personenbezogen. Auch Tastaturen, Mäuse, Scanner etc. werden nun nicht mehr nur täglich desinfiziert, sondern ebenfalls personenbezogen gesäubert und genutzt. Sollte es dennoch zu einem covidinfizierten Mitarbeiter kommen, so wechselt kontrolliert, aber zügig, spätestens am nächsten Tag die komplette Gruppe und übernimmt vorübergehend alle Dienste. In dieser Zeit findet dann die Abklärung zum Infektionsverlauf der gesamten Gruppe statt, um auch hier jederzeit über den Gesundheitszustand der Mitarbeiter informiert zu sein und einen möglichst hohen Schutz gewährleisten zu können. Dennoch erhoffen wir uns, dass diese Überlegung nur Theorie bleiben wird. Zu guter Letzt wurde der Prozess zur Probenabgabe kurzerhand komplett umgestellt, um auch hier möglichst wenig Kontaktmöglichkeiten zwischen Klinikmitarbeitern und Laborpersonal zu provozieren. Eine Umstellung eines solchen Prozesses betrifft dann nicht nur das Labor, sondern muss auf allen probenbringenden Stationen neu etabliert werden. Ein Lernprozess, der in Krisenzeiten besonders zügig funktionieren muss. Eine solche Umsetzung gelingt bei uns besonders gut, wenn die Informationen über interne E-Mail-Verteiler weitergegeben werden. Daneben ist viel Geduld im direkten, persönlichen Gespräch erforderlich, um immer wieder auf den neuen Prozess hinzuweisen oder Fragen zu klären. Diese beiden Punkte, Hinweisschilder und das konsequente Unterbinden des alten Prozesses konnten eine schnelle Neuintegration schaffen. Doch die Umstrukturierung der Probenabgabe ändert aktuell nichts am gewohnten Routinealltag für den Klinikbetrieb. Auch weiterhin werden alle Analysen wie gewohnt bereitgehalten und durchgeführt. Die Rückläufigkeit von geplanten stationären Aufnahmen und abgesagte elektive Operationen tragen dazu bei, dass die Aufrechterhaltung des Gruppenkonzeptes in dieser Konstellation möglich ist. Am Ende ist derzeit jedoch alles sehr dynamisch und so ist es nicht ausgeschlossen, dass sich kurzerhand alles wieder ändern kann. Keiner weiß es so genau…

Derzeit kann ich jedoch sagen, dass alle mitziehen, jeder gibt täglich sein Bestes. Und das ist der süße Beigeschmack der bleibt und der mich unendlich stolz auf mein Team und den Beruf macht! Es ist der Moment, wenn ich sehe wie jeder aktuell über sich hinauswächst, wie gemeinsame Gespräche untereinander helfen, wie alle, auch die Älteren, im Gruppenkonzept mitmachen, wie jeder Ideen einbringt, wie alle gemeinsam nach Lösungen suchen, wo ausprobiert wird, wo neue interne Teamcodes (Interna) entstehen, wo trotzdem gelacht wird, wo alle zusammenhalten, wo sich gegenseitig geholfen wird, wo sich alle gegenseitig stützen und wo die Laborleitung und das Management immer ein offenes Ohr haben und gemeinsam mit allen an Lösungen arbeiten. Hier fühlt sich jeder gesehen, geschützt und respektiert. Es macht mich glücklich, zu sehen, dass wir auch in Krisenzeiten einen wichtigen Job erfüllen. Es macht Freude zu spüren, dass sich gerade jede MTLA als einen wichtigen Teil des Systems begreift, nicht nur für den eigenen Betrieb, sondern plötzlich sogar für die ganze Gesellschaft. Und trotz erschwerter Bedingungen, mehr Arbeit, täglich neuen Herausforderungen sind alle stolz, jeder für sich, jeder auf seine Art, manchmal laut und manchmal leise. Unsere Arbeit hat vor allem eins ganz viel Sinn! Und genau das ist toll! Das ist nämlich unsere größte Chance in dieser Krise, uns zu zeigen und der Welt zu zeigen, welche wichtige Rolle das Labor spielt! Zu zeigen wozu wir sogar in einer Krisensituation fähig sind. Zu zeigen, was für ein toller und wichtiger Beruf MTLA-sein ist. Das man nicht immer ein Studium braucht um Krisen zu meistern und Lösungen zu finden. Und zu guter Letzt welches Potential eben genau in diesem Bereich steckt, den es zukünftig gilt mehr durch die Gesellschaft zu würdigen und zu unterstützen!

Täglich und auch jetzt in der Krise sind wir für alle da, wir MTLA sind stark, wir alle zusammen!

Miriam Kahle (Leitende MTLA eines Krankenhauslabors)